Neustadt am Main - Gestern und Heute
 
    
Ehemalige Klosterkirche Neustadt nach dem Brand 1857
Die ehemalige Klosterkirche nach dem Brand = Braun-Gelb.
  Die neue Klostergeschichte in der Mainpost 2006 Teil 4 

Erstellt am 23.7.2006

Artikel 4 der neuen Klostergeschichte.
Geschrieben von Martina Schneider mit Informationen von Klaus Weyer.

Ausgetrickst, ausgeplündert, ausgebrannt
Spielball von Bischof und weltlichen Herren

Laut einer Urkunde von Karl dem Großen aus dem Jahr 772 war das Kloster Neustadt ein Königskloster und blieb dies bis 993. Leider fiel dann Kaiser Otto auf eine gefälschte Urkunde von Würzburgs Bischof Bernwald herein, bedauert Hobby-Historiker Klaus Weyer. Bischof Bernwald habe am 12. Dezember 993 auf seine angeblichen Rechte hingewiesen. Weyer: "Der damals herrschende jugendliche Kaiser Otto III. gab daraufhin das Kloster ans Bistum Würzburg ab."

Abt Adelgarus aus Hirsau bei Stuttgart (Abt in Neustadt von 1077 bis 1095 und 1106 bis 1115) war derjenige, der um 1100 in Neustadt die romanische Abteikirche mit den Patrozinien St. Martin und Maria bauen ließ - somit das vierte Benediktinerkloster. "Die Reformbewegung der Klöster wurde direkt vom Papst initiiert", berichtet Heimatforscher Klaus Weyer. Nahezu um die gleiche Zeit, nämlich 1148 erbaute der Schutzvogt Marquard von Grumbach gegen den Willen des damaligen Abtes Richardus auf klostereigenem Grund die Burg Rothenfels.

Doch zurück nach Neustadt: Nach Erkenntnissen einer Grabung von 1987 liegen die Mauern des Konventbaus des vierten Benediktinerklosters, das Adelgarus südlich der Vierungskirche der Neuen Statt erbauen ließ, heute etwa eineinhalb Meter unter der Neustädter Pfarrkirche. Bis 1333 ging es mitunter hoch her in Neustadt, denn die Grumbacher und später auch die Rienecker Schutzvögte der Burg Rothenfels beraubten das Neustädter Kloster in regelmäßigen Abständen. "Die Vögte rissen damals die Rechte des Klosters an sich und eigneten sich dessen Güter an, offenbar mit Duldung durch die Würzburger Bischöfe", erzählt Weyer.

Nachdem die Rienecker ausgestorben waren, habe 1333 der Fürstbischof von Würzburg die Burg Rothenfels übernommen. Danach kehrte erst einmal etwas Ruhe ein, berichtet Weyer. Jedenfalls bis zum Bauernkrieg im Jahr 1524. Dann verwüsteten aufgebrachte Rothenfelser Bauern die Neustädter Abteikirche, rissen die Altäre nieder und plünderten sie aus. Erst neun Jahre später, am 27. August 1534 konnte die Kirche unter Abt Konrad Lieb wieder neu geweiht werden.

Am 6. Juni 1558 brachte Fürstbischof Friedrich von Wirsberg das gesamte klösterliche Archiv ohne die Genehmigung des Neustädter Abtes Heinrich von Jestetten in die Bistumsstadt. Den Abt hatte er vorher nach Würzburg geladen und dort festgehalten, erzählt Weyer.

"Darauf folgte ein Rechtsstreit zwischen Neustadt und Würzburg um die klösterliche Gerechtsame, der erst 1794, nach über 200 Jahren, durch einen Vergleich beendet wurde." Im Jahr 1615 ließ der damalige Bischof Julius Echter Kirche und Kloster teilweise bis auf die Grundmauern niederreißen und bis 1623 nach seinem Stil neu aufbauen.

"Der damalige Abt Martin Knödler hat sich zwar dagegen gewehrt, weil die ganze Baumaßnahme viel zu viel Geld kostete, wurde aber kurzerhand vom Bischof abgesetzt", weiß Weyer zu erzählen. Der Julius Echter zugetane Administrator Valentin Minor aus Rothenfels habe daraufhin alle seine Wünsche abgesegnet. Im Zuge der Baumaßnahmen habe Echter den linken Flügel der Vierung abreißen und daran ein Haus bauen lassen, in dem er ein Spital einrichten wollte. Dieses Haus, das zwischenzeitlich als Gastwirtschaft "Zum Löwen" genutzt wurde, ist heute das Neustädter Pfarrhaus.

Das Ende der Baumaßnahmen erlebte Echter, der 1617 starb, nicht mehr. Auch die dafür angehäuften Schulden von 20.000 Florint mussten ihn nicht mehr sorgen. "Für die Tilgung dieser Schulden brauchten die Neustädter Mönche 100 Jahre", berichtet Weyer. Erst Abt Bernhard Krieg (er wirkte in Neustadt von 1703 bis 1729) schaffte es durch vernünftiges Wirtschaften, diesen riesigen Schuldenberg abzutragen.

Während des 30-jährigen Krieges (1618-1648) sah sich Neustadt schweren Klosterplünderungen ausgesetzt. "Erst kamen die Schweden, dann die Kroaten und die Franzosen", berichtet Weyer. Auch während der Französischen Revolution wurde das Kloster 1796 und 1800 ausgeplündert. Am 22. Januar 1803 wurde das Kloster schließlich aufgelöst und fiel im Zuge der Säkularisation an das Fürstenhaus Löwenstein-Wertheim-Rosenberg.

"Zum Zeitpunkt der Auflösung lebten in der Abtei noch 19 Patres und zwei Novizen", berichtet Weyer. Der Fürst habe hernach im Jahre 1805 die wertvolle Kirchenorgel von Johannes Hoffmann aus dem Jahre 1717 nach Amorbach in die Pfarrkirche St. Gangolf verkauft, erzählt Weyer. 1836 habe er zudem die große Kreuzigungsgruppe, die Abt Christophorus 1586 für Neustadt beschaffte, der Gemeinde Roden geschenkt. Diese Kreuzigungsgruppe steht heute auf dem Rodener Friedhof.

1837 stellte der Fürst die ehemalige Abteikirche der Gemeinde als Pfarrkirche zur Verfügung. "Bis dahin diente die Michaelskirche den Neustädtern als Pfarrkirche", so Weyer. 1841 habe der Fürst die Vierung abreißen lassen. Im Mai 1857 brannten die ehemalige Abteikirche und der zugehörige Klosterkonvent nach einem Blitzschlag fast bis auf die Grundmauern nieder.

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